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Widnau
04.06.2022

Leben Wale im Walensee?

Bei Politkabarettist Bänz Friedli bekamen alle ihr Fett weg, von SVP bis SP
Bei Politkabarettist Bänz Friedli bekamen alle ihr Fett weg, von SVP bis SP Bild: Gerhard Huber
Über Einladung des Kulturvereins Widnau war am Freitagabend der Kabarettist und Autor Bänz Friedli mit seinem aktuellen Programm S`isch kompliziert im Metropol zu Gast. Und sinnierte über die Unordnung in unserer Zeit.

«Bänz Friedli ist in Bern geboren und aufgewachsen, das hört man auch. Er lebt in Zürich, was man aber nicht hört», so die launige Vorstellung des Politkabarettisten durch Urs Sieber, den Präsidenten des Kulturvereins Widnau. Eine sehr treffende Vorstellung. Denn Friedli trug seine humorigen, nachdenklichen und intelligenten Betrachtungen der heutigen Zeit im tiefsten Bärner Dialekt vor. Für gelernte Rheintaler manchmal nicht immer leicht zu verstehen.

Beständigkeit wie bei der Queen

Was aber seinen Charme hatte. Wie Friedlis Eindrücke über Widnau, die er gerne wiedergab. Was im aufgefallen war: die Beständigkeit des Gemeindeoberhauptes Christa Köppel. Die sei ja schon im Amt gewesen, als er früher schon in Widnau war. «Beständigkeit wie bei der Queen Elisabeth.»

Aber auch sonst sei in Widnau immer alles in Ordnung. Da fahre eine Frau besoffen durch die mitten auf der Strasse aufgestellten Pfosten – keine besonderen Vorkommnisse. Und die Faustballer seien mit dem dritten Rang zufrieden, denn der Champions Cup im August sei doch viel wichter, da interessiere doch niemanden das normale Geschäft – keine besonderen Vorkommnisse.

Lokale und regionale Seitenhiebe

Der Kabarettist teilte weitere lokale und regionale Seitenhiebe aus. Wo es denn weltweit die höchste Dichte an Zertifikatsfälschungen gebe oder dass der Kanton so etliche Millionen an bereits ausbezahlten Subventionen von Bus Ostschweiz zurückwolle. Bänz Friedli zeigte sich, obwohl in Zürich lebender Berner, über die lokalen Themen sehr gut informiert.

Nachdenklich wird er, als er über den Überfallskrieg der Russen in der Ukraine spricht. «Da hatten wir Idi Amin, Pol Pot und den zweiten Weltkrieg und dachten, sowas dürfe doch eigentlich nicht mehr passieren. Und jetzt haben wir zugeschaut, bis es wieder passierte.» Und er kritisiert einen Ostschweizer Ständerat, der sich mit russischen Oligarchen fotografieren lasse. Ja, und die Schweizer Neutralität, damit tue sich der Ignazio Cassis schwer, daher habe er jetzt die Wortschöpfung «Konstruktive Neutralität» erfunden.

Echter Politkabarettist

Bänz Friedli ist einer der wenigen echten Politkabarettisten der Schweiz. Keiner, der den billigen Lacher sucht, keiner, der das Publikum mit Flachwitzen zum Brüllen bringt. Sondern ein hintergründiger Betrachter, der «zwischen tiefgründiger Politsatire, bissiger Gesellschaftsanalyse und parodistischen Alltagsbeobachtungen pendelt. Rasend schnell galoppiert er durch das Zeitgeschehen und schafft es tatsächlich, differenziert und pointiert gleichzeitig zu sein.» So charakterisierte die Luzerner Zeitung treffend den Auftritt Friedlis.

Der kräftig austeilt. Von der SVP, deren Flugblatt über den angeblichen Graben zwischen Land- und Stadtbevölkerung er genüsslich zerpflückt, bis zur SP, deren Chef Cedric Wermuth zuerst Flüge in Europa verbieten wollte und dann selbst für ein Selfie mit Bundekanzler Olaf Scholz nach Berlin geflogen ist. Jeder, der es verdient, bekommt sein Fett weg.

Der Wal im See

Dazwischen kann Friedli auch poetisch-literarisch sein. Wenn er etwa aus seinem Buch «Der Wal im See» vorliest. Geschichten über das Daheimsein im Unterwegssein. Und wo er eine Tochter seine Mutter fragen lässt, ob es denn auch Wale im Walensee gebe. Natürlich nicht, weil es ja ein See und kein Meer sei.

rheintal24/gmh/uh