Home Region Rheintal Sport Magazin Schweiz/Ausland Agenda
Marbach
10.05.2022
11.05.2022 09:53 Uhr

«Ich legte täglich nur ein Ei und sonntags auch mal zwei...»

Johannes Frei mit einer seiner insgesamt 10´000 Legehennen
Johannes Frei mit einer seiner insgesamt 10´000 Legehennen Bild: Ulrike Huber
Rheintal24 war zu Besuch bei einem modernen Legehennenbetrieb in Marbach. Und liess sich davon überzeugen, dass am Bauernhof der Familie Frei das Tierwohl mit an erster Stelle steht.

Ein Bauernhof wie aus dem Bilderbuch präsentiert sich dem Besucher der Familie Frei aus Marbach im St.Galler Rheintal. Ein gepflegtes, schönes und gemütliches Wohngebäude, daneben ein Stallgebäude für die 25 Milchkühe, 35 Mutterschafe und vier Rösser. Mitten drin und immer dabei Hündin Mali, das jüngste Mitglied der Familie Frei.

Kindertagesstätte mit zwölf Kindern

Was nicht «typisch» für einen Bauernhof ist, ist die Kindertagesstätte. Die «KiTa Freiland» wird von Tochter Erika und ihrer Mitgründerin Sarah Wüstiner betrieben. Sie beide sind gelernte Kindererzieherinnen und gestalten derzeit den KiTa-Alltag von zwölf Kindern. Vor vier Jahren war die Idee gereift, hier mitten zwischen den Tieren eine solche Kinderbetreuungsstätte einzurichten, zwei Jahre hat es für die Umnutzungsbewilligung benötigt. Aber seit 2020 sind hier nur strahlende Kinderaugen zu sehen. Kein Wunder, bei dieser Umgebung.

vl. Adelheid, Medardus und Johannes Frei präsentieren stolz das Logo ihres Legehennenbetriebs Bild: Ulrike Huber

Doch nicht nur glückliche Kinder tollen auf dem Frei´schen Hof in der Siedlung Roossen umher. Nein, dort leben noch viel mehr glückliche Hühner. Nämlich gleich zehntausend geflügelte Eierlieferantinnen gackern um die Wette. Und zwischendrin dürfen auch zehn stramme Gockel krähen. «Das hat keinen bestimmten Grund, dass wir die Hähne halten, wir finden es einfach schön, wenn sie uns morgens mit ihrem Krähen wecken», erzählt Johannes Frei (29) mit einem verschmitzten Lächeln, «Und darüberhinaus ist das Sozialverhalten der ganzen Herde besser. Denn die Hähne sind immer aufmerksam auf der Hut, ob von irgendwoher Gefahr droht.» 

Grosse Halle und riesige Freifläche

Sohn Johannes wird in einigen Jahren den gesamten Landwirtschaftsbetrieb von seinen Eltern Medardus (62) und Adelheid (57) Frei übernehmen. Ebenso war er bereits die treibende Kraft hinter dem Bau der alle Stückchen spielenden modernen Freilandhaltungsanlage für die Hühner, die im Juni 2017 eröffnet werden konnte. Auf einer überbauten Fläche von 72 x 28 Metern entstand ein Gebäude mit 2´016 m2 Nutzfläche. Dazu kommt die riesige Freifläche von 2.5 Hektaren, zu der die Legehennen bei Tageslicht jederzeit Zugang haben.

Der Wirtschaftshof der Familie Frei in der Siedlung Roossen bei Marbach Bild: zVg

Die grosszügige Weide wird von den Hühnern bei beinahe jeder Witterung gerne genutzt. Durch den täglichen Weidegang können die natürlichen Verhaltensformen der Tiere, nämlich das Scharren und Picken, gefördert werden. Pünktlich zu Beginn der Dämmerung hasten und gackern die nützlichen Tiere wieder zurück in den Stall. Das Eierlegen startet dann erst wieder nach der nächtlichen Ruhe, wenn um 03.00 Uhr nachts der künstliche Tagesanbruch für die Hennen inszeniert wird. Nach getaner Arbeit lockt erneut der Gang ins Freie, wo sich bei schönem Wetter ein wunderbares, abwechslungsreiches und niemals langweilig werdendes Bild der glücklichen Hühner ergibt.

Lebenszeit eigentlich abgelaufen

Zur Zeit des Besuchs der Legehühner durch den Schreiber dieser Zeilen war die Lebenszeit für die Herde eigentlich bereits seit mehreren Wochen, ja Monaten abgelaufen. Denn üblicherweise wird die Herde alle zwölf bis vierzehn Monate ausgestallt. Doch die Tiere waren immer noch im besten Zustand und legten fleissig jeden Tag ein Ei. Ein sehr gutes Zeichen. «Daran sieht man, dass wir nur glückliche Hühner haben, mit viel Auslauf und super Futter.» Und viel liebevoller Betreuung.

  • Der Wirtschaftshof der Familie Frei in der Siedlung Roossen bei Marbach Bild: Ulrike Huber
    1 / 2
  • Bild: Ulrike Huber
    2 / 2

Denn Johannes Frei sieht mehrere Male am Tag nach seinen gefiederten «Mitarbeiterinnen», ob auch alles in Ordnung ist. Er ist gar nicht froh beim dem Gedanken, dass diese Herde nach beinahe eineinhalb Jahren in den nächsten Wochen nun doch den Weg alles Irdischen gehen muss.

Einmal im Jahr ein Suppenhuhn

«Die Tiere kommen in den Schlachthof und werden zu Lebensmitteln verarbeitet, hauptsächlich zu Charcuterie. Uns ist es ein Anliegen, die Ressourcen bestmöglich zu nutzen. Aber wenn nur jeder Haushalt der Schweiz einmal im Jahr ein Suppenhuhn kaufen würde, dann wären alle alten Legehennen jeweils verwertet.» Bevor dann die neue, wieder zehntausend Tiere umfassende Herde kommt, wird umgestallt. Also alles besenrein gemacht, gewaschen, komplett desinfiziert und neu eingestreut. In den zwei Wochen, in denen der grosse Stall leer steht, werden auch allfällige Unterhalts- und Umbauarbeiten durchgeführt.

Ich wünscht, ich wär ein Huhn… Bild: Ulrike Huber

Wenn die Legehennen auf dem Freilandbetrieb der Familie Frei ankommen, sind sie 17 Wochen alt. Sie stammen aus einer Aufzucht in Schönholzerswilen in der Nähe von Weinfelden. Die zehntausend Laufvögel wurden dort seit dem Schlüpfen gemeinsam gehalten und an eine Stalleinrichtung mit verschiedenen Etagen, wie sie auch Johannes Frei errichten hat lassen, gewöhnt. Sie fühlen sich dann erfahrungsgemäss auch in Marbach gleich wie zuhause und fangen rasch mit dem Eierlegen an. Diese Eingewöhnungsphase ist auch eine anstrengende Zeit für die Familie Frei.

Wie bei der Einschulung

«Wenn die Tiere eingestallt sind, dann besuchen wir jede Stunde einmal den Stall. Und wenns dann läuft, immer noch viermal am Tag. Damit sich die Hennen an die Abläufe gewöhnen. Das ist, wie wenn man eingeschult wird, da sind alle nervös.»

  • 10´000 Legehennen gackern auf dem Hof der Familie Frei um die Wette Bild: Ulrike Huber
    1 / 2
  • Im Wintergarten halten sich die Hennen besonders gerne auf Bild: Ulrike Huber
    2 / 2

Doch in der heutigen Zeit der Krisen ist auch auf dem Hof der Familie Frei nicht immer alles eitel Wonne.  Für die Bepflanzung der insgesamt 29 Hektaren mit Kunstwiese, Futterweizen, Gerste, Silo- und Körnermais hilft bei Bedarf die ganze Familie mit. Dazu gehören nebst Medardus und Adelheid mit ihrem Sohn Johannes auch die anderen vier erwachsenen Kinder, welche mittlerweile alle nicht mehr auf dem Hof wohnen. Trotz dieses Eigenanbaus muss für die Legehennen Futter zugekauft werden.

  • Der Stall ist in Etagen angelegt Bild: Ulrike Huber
    1 / 2
  • Bild: Ulrike Huber
    2 / 2

Mit normalen Zeiten nicht vergleichbar

«Die Futterpreise hatten bereits vor einigen Monaten angezogen, jetzt natürlich bei dem Ukrainekonflikt noch mehr», erzählt Johannes Frei, der als gelernter Landmaschinenmechaniker und Landwirt mit Lehrabschluss inzwischen auch der Verantwortliche für die Legehennenhaltung ist, «das ist alles mit normalen Zeiten nicht vergleichbar, alles ist sehr extrem. Wie die Konsumenten einen höheren Eierpreis annehmen, wissen wir noch nicht.» Grund für den höheren Eierpreis sind die steigenden Kosten für das Futter und den Dünger, welche schlussendlich auch der Konsument zu spüren bekommt.

  • Sortiert und sauber gepackt kommen die Eier zum Zwischenhändler Bild: Ulrike Huber
    1 / 3
  • Bild: Ulrike Huber
    2 / 3
  • Adelheid Frei bei der Bedienung der Eierpackmaschine Bild: Ulrike Huber
    3 / 3

Den Hühnern ist der Preis für ihr köstliches Produkt egal. Sie sind es zufrieden, wenn sie ihre Lebenszeit auf einer derart vorbildlichen und tierfreundlichen Anlage verbringen dürfen. Sie sitzen auf ihren Plätzen und verziehen sich zum Eierlegen ins dunkle Nest, von wo die Eier per Förderband aus dem Stall zur Sortier- und Putzmaschine transportiert werden Nachdem die Eier durch das geschulte Auge auf ihre Qualität überprüft worden sind, werden sie vom Saugroboter ganz vorsichtig in Transportkisten gelegt. So werden sie dann zum Zwischenhändler nach Flawil zur Firma Lüchinger und Schmid versandt.

 

rheintal24/gmh/uh
Demnächst