Bissige Satire mit Durchblick wurde am Freitagabend dem in Scharen gekommenen Publikum im Diogenes-Theater serviert. Die Kunstfigur «Veri» des früheren Unternehmensberaters Thomas Lötscher fabulierte in seinem «Jahresrückblick 2021» über die Themen, die im vergangenen Jahr die Welt und insbesondere die Schweiz bewegten.
Wie kann man mit Distanz Sex haben?
Brillante Giftpfeile abgeschossen
Ein einfacher, unbeholfen wirkender Mann mit spiessiger Pensionistenkleidung stand da auf der Bühne und schoss im breiten Entlebucher, also Luzerner Dialekt seine brillanten und meist zum Schreien komischen Giftpfeile ab. Womit er die Lieblingsobjekte seines Spotts, nämlich die Politiker in Bern, gnadenlos demaskierte.
So etwa den Hobby-Trychler, der im Nachhinein gar nicht mehr gewusst hat, wie und wer ihm das T-Shirt mit dem Trychlerslogan übergezogen hat und wie er in die Anti-Corona-Demo gekommen ist. Ja, wir reden von Bundesrat Ueli Maurer, unserem begnadeten Kurios-Englisch-Sprecher, der in einem denkwürdigen und von Veri auf Grossleinwand abgespielten CNN-Interview vor längerer Zeit bereits bewiesen hatte, dass er als Grossvater sicher nicht zum Home-Schooling-Lehrer für Englisch taugt.
Kein Gerücht, sondern Indiskretion
Oder Alain Berset, dessen Aussagen zu Beginn der Coronapandemie etwa in Richtung nutzloser Masken von Veri gnadenlos seziert wurden. Und dessen Problem mit einem Home-Office in Freiburg im Breisgau bei seiner dortigen Mätresse aufgearbeitet wurde. Das sei nur ein Gerücht? Nein, falsch, denn wenn es ein Gerücht gewesen wäre, hätte man es in seiner Presseabteilung wohl als solches bezeichnet. Und nicht als «Indiskretion». Und sollte die Sache wahr sein - es gilt ja die Unschuldsvermutung - so habe Berset auf brillante Weise die Forderung des BAG, auch beim Sex Distanz zu halten, erfüllt.
Aber Veri macht sich als kleiner «Wutbürger» auf seine ganz eigene Art über alles und jeden lustig. Setzt bei komplizierten Fremdwörtern einige Male an, ehe er aufgibt und den Begriff auf einfach erklärt. Und gerät richtig in Rage, wenn er schildert, wie die Kulturszene auf maximal fünfzig Besucher mit Sitzabstand eingebremst wurde. Während gleichzeitig der EV Zug seinen Eishockeymeister feierte.
Mit tausenden krakeelenden und sich im Sieges- und Bierrausch befindlichen Fans. Und mittendrin, samt Fanutensilien wie Schal und Vereinsanstecker der mitfeiernde Luzerner Polizeichef. Der nach eigenen Aussagen ja nur ganz am Rande und nur ganz kurz dabei war…
Furzende und rülpsende Kühe
Geradezu liebevoll die Ausführungen von Veri, warum er die «vegetierischen» Menschen fürchtet, die ihm letztlich ja die furzenden und rülpsenden Kühe aus Entlebuch entfernen wollen. «Da gibt es sonst aber nicht viel Touristisches…».
Auf den Tourismus kam er dann noch einmal zurück. Als er über das schöne Thailand berichtete. Und dass es dort für jeden Touristen ein Merkblatt gebe, in dem drinsteht, wie man sich wegen Corona verhalten solle. Worin auch geklärt werde, wie man unter Einhaltung der Abstandsvorschriften Sex haben könne. «Die haben halt in Thailand schon einen anderen Tourismus als in Entlebuch!»
Aktuell, intelligent und hintergründig
Thomas Lötscher vulgo Veri deckte politische Missstände auf und sagte dazu schonungslos die Wahrheit. Absichtlich (und vielsagend) unbeendete Sätze und Wortspielereien sind sein Metier. Seine ausgeprägte Gestik und Mimik verstärkten seine Aussagen. Veri bilanzierte und kommentierte. Nicht immer politisch korrekt, aber witzig und träf. Aber auch aktuell, intelligent und hintergründig.