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Region Rheintal
28.01.2022
28.01.2022 15:50 Uhr

Lokales Gewerbe begrüsst Massnahmenlockerung

Die Homeofficepflicht soll aufgehoben und durch eine Empfehlung abgelöst werden.
Die Homeofficepflicht soll aufgehoben und durch eine Empfehlung abgelöst werden. Bild: shutterstock.com
Eine Umfrage unter Rheintaler Proponenten aus Gewerbe und Politik hat gezeigt: die Coronaschutzmassnahmen sollen gelockert, wenn nicht überhaupt aufgehoben werden.

Der Schweizerische Gewerbeverband, GastroSuisse sowie Vertreter der bürgerlichen Parteien Die Mitte, FDP und SVP, und andere Interessenvertretungen forderten am Mittwoch die sofortige Aufhebung der Zertifikats- als auch der Homeoffice-Pflicht sowie der Qua­ran­täne- und Isolationsbestimmungen. In Bundesbern und der ganzen Schweiz Angesichts der offenbar nicht drohenden Überlastung der Intensivkapazitäten sollte über diese Forderung diskutiert werden. Ist die Zeit tatsächlich reif, die Coronaschutzmassnahmen abzuschaffen. Was sagen regionale Vertreter aus Politik und Wirtschaft dazu?

Adäquat zur Pandemielage?

Sind die derzeit noch gültigen Coronaschutzmassnahmen, die Eintrittsbeschränkungen, Besucherhöchstgrenzen, Home-Office-Pflichten und Masken und alles andere, was uns derzeit das Leben schwer macht, noch adäquat zur anscheinend immer weniger bedrohlich werdenden Pandemielage?

Ist es angesichts der Tatsache, dass im Kanton St.Gallen inzwischen 63.5 Prozent der Bevölkerung zumindest doppelt geimpft und zusammen mit den Genesenen gut 80 Prozent derart immunisiert sind, dass keine schweren Verläufe zu erwarten sind, nicht an der Zeit, die Coronaschutzmassnahmen massiv herunterzufahren?

Rheintal24.ch hat sich umgehört und die Meinungen des Rheintaler Gewerbes und von hiesigen Politikern zu diesem Thema eingeholt.

Brigitte Lüchinger: «Weitere Lockerungen allenfalls auch in Zwischenschritten machen» Bild: Ulrike Huber

Verkürzung der Quarantänefrist begrüsst

Wichtigstes Sprachrohr von Wirtschaft und Gewerbe im Rheintal ist der Interessensverband AGV Rheintal, vertreten durch seine Präsidentin Brigitte Lüchinger, die froh über die jüngst erfolgte Verkürzung der Quarantänefrist und die Lockerungen bei den Einreisebestimmungen ist. Zu einer sofortigen Aufhebung aller Massnahmen nimmt Lüchinger allerdings einen skeptischen Standpunkt ein.

«Ich finde es wichtig, dass wir jetzt die Situation fortlaufend beobachten und weitere Lockerungen machen allenfalls auch in Zwischenschritten», so die AGV-Präsidentin gegenüber rheintal24.ch. «Eine sofortige Aufhebung aller Massnahmen wäre risikoreich und könnte schlimmstenfalls wieder in einem Lockdown enden. Hingegen erscheint es angezeigt, die Home-Office Pflicht sofort aufzuheben und wieder in eine Empfehlung umzuwandeln.»

Lüchinger betont weiters, dass auch auf die Quarantänepflicht zur Vermeidung weiterer wirtschaftlicher Schäden verzichtet werden sollte, da sich die Omikron-Variante ohnehin sehr stark und überall ausbreite. «Angesichts der milden Krankheitsverläufe sind auch die übrigen Einschränkungen unter genauer Beobachtung der Entwicklung, vor allem der Spitalauslastungen, so schnell als möglich zu lockern oder aufzuheben.» 

Carsten Zeiske: «Wir tun gut daran, dies von Profis entscheiden zu lassen, die sowohl Ahnung von Viren als auch Ahnung von der Wirtschaft haben» Bild: who-s-who.ch

Profis entscheiden lassen

Starke Vertreter der lokalen Gewerbeszene sind auch die lokalen Gewerbevereine. Die Gwerblervereinigungen weisen meist eine hohe Diversität an Mitgliedern von den selbständigen Einzelkämpfern bis zu grossen Industriebetrieben auf und haben so den Puls der Wirtschaft besonders gut im Blick. Präsident Carsten Zeiske vom Diepoldsauer Gewerbeverein und Inhaber der foxcom agentur AG zeigt sich im Hinblick auf die sofortige Aufhebung aller Coronaschutzmassnahmen ebenfalls vorsichtig.

«Als Diepoldsauer Gewerbeverein sind wir natürlich froh, dass die grosse Mehrheit unserer Mitglieder geimpft ist, sodass wir im letzten Jahr den einen oder anderen Anlass unter 3G- bzw. 2G+-Bedingungen durchführen konnten, was unsere Mitglieder sehr geschätzt haben», erzählt Carsten Zeiske.

«Was die sofortige Aufhebung der Zertifikats- und der Homeoffice-Pflicht sowie der Quarantäne- und Isolationsbestimmungen angeht, so tun wir gut daran, dies von Profis entscheiden zu lassen, die sowohl Ahnung von Viren als auch Ahnung von der Wirtschaft haben. Ich jedenfalls könnte wunderbar mit einer kompletten Aufhebung aller Massnahmen leben. Und meine Agentur auch.»

Kantonsrat Stefan Britschgi (FDP): «»Ich unterstütze das Ende der Zertifikatspflicht in der Schweiz.» Bild: bauernzeitung.ch

Massnahmen unverhältnismässig

Eine klare Ansicht vertritt Kantonsrat und Grossgemüsebauer am Diepoldsauer Faarmahdhof Stefan Britschgi (FDP). «Ich unterstütze das Ende der Zertifikatspflicht in der Schweiz, sowie das Ende der Homeoffice-Pflicht und die Quarantäne- und Isolationsbestimmungen. Angesichts der Milde der meisten Omikron-Verläufe und dem Ausbleiben der Spitalüberlastungen sind die besagten Massnahmen unverhältnismässig. Alle Personen sollen ihre Aufgaben am Arbeitsplatz oder in der Gesellschaft erfüllen können.»

Kantonsrätin Dr. Karin Hasler (SP): «Viele Kinder sind nach zwei Jahren Corona-Massnahmen immungeschwächt» Bild: zVg

Auch Kantonsrätin Karin Hasler schliesst sich der Ansicht an, dass viele Massnahmen zumindest gelockert werden müssten. Als Mutter beobachte sie das Geschehen seit längerem sehr kritisch. Viele Kinder seien nach zwei Jahren Corona-Massnahmen immungeschwächt und die «normale» Grippe überrolle uns aktuell viel heftiger als in den Jahren zuvor.

Immunsystem muss aktiv genutzt werden

Karin Hasler weiter: «Das Immunsystem muss aktiv genutzt werden, damit es die volle Wirkung entfalten kann. Dies war nun lange Zeit nicht der Fall. Auch die psychischen und psychosozialen Belastungen zeigen sich mehr und mehr und das löst bei mir grosse Sorgen aus, in einer Gesellschaft, die schon vor Corona psychisch sehr belastet war.»

Da die Vulnerablen (=Verletzliche, Verwundbare, Anm.d.Red.) nun definitiv geschützt sind und die Spitalüberlastung ausbleibt, gibt es für Karin Hasler keine Begründung mehr für die Massnahmen, die immer noch viele Leute benachteiligen. «Viele Massnahmen sind nun inkonsistent hinsichtlich der aktuellen Lage und der Druck auf die Gesellschaft muss gelockert werden, da eine entsprechende Legitimationsgrundlage fehlt. Und das auf viererlei Ebenen.»

Kantonsrat Sandro Hess (die Mitte): «Unser Gesundheitswesen darf nicht überlastet werden.» Bild: zVg

Grösstes Verständnis und teilweise Sympathien für die Forderung nach Wegfall der Corona-Schutzmassnahmen zeigt auch Kantonsrat und Schulleiter Sandro Hess (die Mitte Rheintal). Zentral für die Beurteilung dieser Frage sei nach wie vor die Auslastung der Spitäler bzw. der Intensivstationen. «Unser Gesundheitswesen darf nicht überlastet werden. Mit Omikron scheint diese Gefahr zum Glück eher klein zu sein.»

Schutzmechanismen erworben

Zudem hätten inzwischen grosse Teile der Bevölkerung auch im Rheintal aufgrund Impfung oder Genesung entsprechende Schutzmechanismen erworben. «In Anbetracht der aktuellen Lage scheinen uns darum sowohl gewisse Lockerungen als auch Schritte in Richtung einer Normalisierung realistisch. Unsere Gesellschaft, und damit auch das Gewerbe, kommt in vielen Bereichen ans Limit. Insofern war auch die Verkürzung der Quarantäne wichtig und richtig. Möglicherweise wäre sogar eine Abschaffung der Quarantänepflicht für Kontaktpersonen und ein Ende der Homeofficepflicht denkbar. Dass sich die Zeiten der Zertifikatspflicht ihrem Ende nähern, hat mittlerweile auch BR Berset selber schon so kommuniziert. Wir begrüssen auch das.»

Allerdings hebt Sandro Hess auch mahnend den Finger: «Die COVID-Pandemie hat uns aber auch gelernt, dass jegliche Prognosen immer mit grosser Vorsicht zu geniessen sind. Daher hat der Exit-Prozess aus unserer Sicht schrittweise und wohl dosiert zu erfolgen. Wir warnen davor, sämtliche Sicherheitsmassnahmen auf einmal und überstürzt über Bord zu werfen. Im Vergleich zum benachbarten Ausland haben wir in der Schweiz bisher immer Augenmass gewahrt und sind damit relativ gut gefahren.»

Markus Wüst (SVP): «Die Wirtschaft muss wieder voll handlungsfähig werden » Bild: zVg

Von einer Überlastung der Spitäler kann keine Rede mehr sein

Eine ganz klare Linie verfolgt Kantonsrat Markus Wüst (SVP), Chef seines Unternehmens Soluma AG in Oberriet. Er redet einer sofortigen Abschaffung aller Coronaschutzmassnahmen das Wort. «Die Omikron-Variante ist hochinfektiös, nimmt aber einen harmlosen, milden Verlauf. Wir wissen heute, dass rund die Hälfte der gemeldeten Covid-Fälle in den Spitälern – etwa an den Unikliniken von Genf und Zürich – gar nicht wegen Covid hospitalisiert war. Die Spitaleinweisung geschah aus anderen medizinischen Gründen.»

Selbst Bundesrat Alain Berset habe festgehalten, dass eine Erkrankung mit dem Coronavirus bei Geimpften inzwischen «weniger Komplikationen auslöst und besser heilbar ist – etwa wie eine Erkältung oder eine Grippe». Was zu sinkenden Belegungszahlen auf den Intensivstationen führe, wo es erfreulicherweise nur noch ganz wenige Covid-Patienten gebe, die beatmet werden müssen. Von einer Überlastung der Spitäler könne jedenfalls keine Rede mehr sein.

Markus Wüst: «Bundesrat Berset hat damals im Schweizer Fernsehen gesagt: «Mit dem Zertifikat kann man zeigen, dass man nicht ansteckend ist.» Heute wissen wir, dass auch ein Zertifikat nicht vor der Ansteckung schützt. Die Wirtschaft muss wieder voll handlungsfähig werden durch die Aufhebung der Massnahmen. Das Ende der Pandemie und die Rückkehr zur Normalität ist eingeleitet. Und schliesslich hat auch der schweizerische Gewerbeverband die Aufhebung diverser Corona-Massnahmen.»

rheintal24/gmh/uh
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