Das Diogenestheater hatte am Samstagabend zu einem weiteren Eröffnungsevent an seine neue Spielstätte in der Prestegg geladen. Zu einem Galaabend der Kleinkunst. Zu einem Treffen mit fünf Comedians der Sonderklasse. Comedians, die in der Vergangenheit zu Freunden des Altstätter Kleinkunsttheaters geworden sind und sich mit der treuen Diogenesgemeinde über das neue Theater freuten.
Schweizer Topcomedians zeigten Galavorstellung
Schlagfertig, witzig, smart
So wie Michael Elsener, Comedian aus Leidenschaft. Schlagfertig, witzig und smart führte er als Moderator durch den Abend und brachte dabei auch einige Schenkelklopfer aus seinem neuen Programm «Fake me happy» auf die Bühne. Elsener versteht es wie kaum ein zweiter, das Publikum in Gespräche zu verwickeln und aufs Glatteis zu führen.
Grossartig aufgelegt brachte Elsener immer wieder kurze Gags an Mann und Frau im Publikum. So sei es besonders schwierig, vor Fussballern aufzutreten. Denn man wisse nie, ob sie lachen oder simulieren. Genial seine Nummer mit dem zufälligen Treffen mit seiner ehemaligen Französischlehrerin im Supermarkt, der er nicht eingestehen will, dass er keinen einzigen Satz mehr versteht.
Belastungstests mit Stoffmaterial
Ebenso genial die anschliessende Vorstellung von Patti Basler mit ihrem musikalischen Begleiter Philippe Kuhn. Basler witzelte gekonnt über ihre eigene Figur. Sie sei von der EMPA engagiert worden, um Belastungstests von BH-Stoffmaterial zu machen. Ihre Nummern waren aus ihrem neuesten Programm «Nachsitzen aus Gründen» entnommen.
Dieses Programm sei eine «abendfüllende Nachhilfestunde für alle, die denken, das Gras sei grüner, als auf der anderen Seite». Poetisch, musikalisch, abgründig. Als ehemalige Sekundar- und Realschullehrerin weiss die Poetry-Slammerin Patti Basler natürlich, was «nachsitzen aus Gründen» heisst.
Kein einziges Wort gesprochen
Kaum zu schildern ist das Tun der beiden Akteure von «Ohne Rolf». Denn die beiden Luzerner Jonas Anderhub und Christof Wolfisberg sprachen in ihrer halbstündigen Vorstellung bei diesem Galaabend der Kleinkunst kein einziges Wort. Und brachten dennoch die Besucher im bis auf den letzten Notsessel besetzten Diogenes-Saal dazu, ihre Lachmuskeln zu überstrapazieren.
«Ohne Rolf» verblüfft mit einer einzigartigen Kleinkunstform: Sprechen heisst bei OHNE ROLF Blättern. Die auf 1000 Plakate gedruckten knappen Sätze wie auch das überraschende Geschehen zwischen den Zeilen sind umwerfend witzig, spannend und gelegentlich sogar musikalisch. Die beiden schaffen es sogar, einen der Besucher in ihre Show einzubinden.
Wobei der Zuschauer auch nur tun muss, was sie selber tun: einfach umblättern. Bestes Beispiel für ihren scharfen und mit Worten spielenden Humor: Der Satz «Christof verlegte das Plakat, nicht ich bin der Chaot.» Der nur durch Verschiebung des Beistrichs einen ganz anderen Inhalt bekommt: «Christof verlegte das Plakat nicht, ich bin der Chaot.»
Eine Kerze, die von beiden Seiten brennt
Mit Lara Stoll, der Gewinnerin des Salzburger Stiers 2021 betrat dann ein Wirbelwind die Bühne. Stoll, Experimentalfilmemacherin, Fernsehseriendarstellerin, Buchautorin und Comedy-Star, scheint wie eine Kerze, die von beiden Seiten brennt. Ihr Bühnenoutfit? Ganz einfach der Heimtrainingsanzug.
Der kleine Wirbelwind erzählt, wie er sich ausgerechnet in Coronazeiten einen «alternativen Virus», nämlich eine Magen-Darm-Grippe eingefangen hat. Und demonstriert mit keineswegs alternativen Geräuschen, was dann alles passiert ist. «Tète au toilette». Lara Stoll ist ja auch zweifellos die beste «Fake-Schnarcherin» aller Zeiten. Zum Hinlachen, wenn sie sich als grosse Schnarchliebhaberin präsentiert und in allen Nuancen nachstellt, welche Geräusche das in der Atemluft zitternde und bereits erschlaffte Gaumenzäpfchen bei ihrem Lebenpartner so Nacht für Nacht macht.
Vier Hände, zwei Stimmen, ein Klavier
Krönender Abschluss der Parade der Comedians an diesem wunderbaren, lustigen und exklusiven Galaabend in der Prestegg war das Duo Luna Tic. Mit vier Händen, zwei Stimmen und einem Klavier präsentierten sie einen Ausschnitt aus den vielen Nummern ihres Klavierakrobatikliederkabaretts. Claire und Olli, vulgo Stéfanie Lang aus Genf und Judith Bach aus Berlin sind schon optisch ein schreiend komisches Duo. Da steht die im Abendkleid erschienene noble Dame Claire auf der Bühne, während die an Struwwelpeter erinnernde Olli mit rutschendem Rock am Klavier hantiert.
Video: Ulrike Huber
Ihre Texte und Lieder sind frech, fröhlich, extravagant. Etwa der Song, in dem geschildert wird, warum sich junge Frauen eigentlich besser ältere Männer zulegen sollten: «Habn Se en Alten, können sie den behalten.» Weil sich sonst keine Frau nach im umdrehe… Genauso lustig präsentieren die Diva und die Wühlmaus mit der mühelosen Leichtigkeit ihres Seins alte Klassiker wie den «kleinen grünen Kaktus», und sinnieren darüber, ob sie eigentlich einen Mann suchen oder nicht.
Nach diesem grossartigen und vielfältigen Comedian-Programm spielte noch die Zéphyr-Combo, altbekannte Gäste aus dem alten Diogenestheater, gross auf und unterhielten mit ihrer einmaligen Musik, die Chanson mit Gipsyklängen, Handorgelrock, wirren Trinkliedern und Träumereien vermischt. Der Schlusspunkt unter einem fröhlichen und rauschenden Galaabend.