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Freizeit
28.07.2020
29.07.2020 15:46 Uhr

Tigerschnegel auf der Jagd

Ein Tigerschnegel auf der nächtlichen Jagd. Quelle: Ulrike Huber
Ein Tigerschnegel auf der nächtlichen Jagd. Quelle: Ulrike Huber Bild: Ulrike Huber
Die Tigerschnecke, die auch im Rheintal weit verbreitet ist, ernährt sich räuberisch von den Eiern anderer Schnecken oder sogar von Nacktschnecken selbst. Ein nützliches Tier für alle Hobbygärtner.

Schnecken, vor allem die Spanische Wegschnecke, die auch Kapuzinerschnecke genannt wird, sind ein altbekanntes Problem für alle Hobbygärtner. Das sind diese dicken, roten Exemplare, die sich vor allem nach Regen auf Wegen und in Gärten tummeln. Die nicht nur Vielfrasse, sondern auch wahre Feinschmecker sind und sich mit Vorliebe über besonders gut riechende Leckerbissen wie Basilikum hermachen. Kein Salatblatt, kein Gemüse ist vor ihnen sicher. Und keine Gartenzeitschrift, keine Zeitung, die das Thema der Schneckenplage nicht schon abgehandelt hätte. Was gibt es da nicht schon für eine Fülle an mehr oder weniger ökologischen Tipps. Schneckenzäune, Bierfallen, Asche, Sägemehl, Eierschalen oder Schneckenkörner zählen da noch zu den harmloseren. Für weniger zartbesaitete Gartenfreunde wird das Überbrühen, Zerschneiden, Zerhacken oder Vierteilen der schleimigen und hungrigen Besucher empfohlen.

Schnecke, die sich von Schnecken ernährt
Sicher wird sich die eine oder andere Methode als effizient erweisen. Doch, Hand aufs Herz, wussten Sie schon, dass es eine Schneckenart gibt, die sich nicht an Ihrem mühsam aufgezogenen Gemüse und Salaten gütlich tut, sondern die sich von den Eiern und Exemplaren anderer Schnecken, vorzugsweise der Spanischen Wegschnecke ernährt?

Da die Spanische Wegschnecke von der Iberischen Halbinsel eingeschleppt wurde, findet sie in Mitteleuropa wenige natürliche Fressfeinde. Die hiesigen Kröten, Igel und Störche verschmähen diesen Schädling, dessen Schleim sehr bitter ist und diese Nacktschnecke ungeniessbar macht.

Bild: Ulrike Huber
Bild: Ulrike Huber

Indische Laufenten und der Gemeine Grabkäfer
Anders die indische Laufente sowie auch alle anderen Hausentenrassen, die von der Stockente abstammen. Sie verschmähen die Kapuzinerschnecke nicht, weshalb es sogar die Möglichkeit gibt, Laufenten zur Bekämpfung einer Schneckenplage zu mieten. Ein kleines Gartenhelferlein ist auch der Gemeine Grabkäfer, der bevorzugt die Eier der Spanischen Wegschnecke frisst. Von manchen Autoren wird auch behauptet, dass die Weinbergschnecke die Gelege der gefrässigen Nacktschnecken plündert, was allerdings nicht der Realität entspricht. Aber als wirklicher Feind der roten Schleimer kommt die Tigerschnecke, auch Tigerschnegel genannt, ins Spiel. Eine zehn bis zwanzig Zentimeter lange Nacktschnecke, deren Rückenteil auffallend mit Tupfen, die an ein Tigermuster erinnern, gezeichnet ist.

Ein nachtaktiver Räuber
Der Tigerschnegel ist nachtaktiv und versteckt sich tagsüber an geschützten, abgedunkelten und feuchten Stellen. Er ernährt sich nicht nur von Pilzen, welken Pflanzenteilen, sondern vor allem auch räuberisch von anderen Schnecken und deren Eiablagen. Die Tigerschnecke kann dabei Exemplare überwältigen, die so gross sind, wie sie selbst. Es ist faszinierend, einem solchen „Kampf in Slow-Motion“ zuzuschauen, bei dem die getigerte Nacktschnecke immer die Überhand behält. Also sozusagen das ideale „Haustier“, um seinen Garten ansonsten schneckenfrei zu halten. Was wahrscheinlich auch der Grund ist, dass im Internet sogar ausgewachsene Tigerschnegel gekauft werden können. Die Tierchen können zweieinhalb bis drei Jahre alt und auch in einem Terrarium gehalten werden. Obwohl sie andere Nacktschnecken angreifen, sind sie nur in sehr geringem Masse kannibalisch veranlagt, weshalb sie sich bei gutem Nahrungsangebot oft zu mehreren Exemplaren unter Baumrinden verstecken. Gegenüber Jungtieren zeigen sie keine Aggressionen. Es ist sogar zu beobachten, dass der Nachwuchs ohne weiteres über Alttiere kriechen und sich von diesen umhertragen lassen. Die Tigerschnegel sind Zwitter, haben also sowohl männliche als auch weibliche Genitalien und werden nach etwa 1,5 Jahren geschlechtsreif. Leider gelten diese nützlichen Weichtiere als vom Aussterben bedroht.

Vorteil für den liebevoll gehegten Garten
Obwohl sich auf den ersten Blick alle Arten von Nacktschnecken mit ihren langgezogenen, glatten Körpern, mit oder ohne Haus und in unterschiedlichen Grössen und Färbungen ähneln, gibt es enorme Unterschiede in der Erscheinung als auch im Verhalten. Unterschiede, die es dem versierten Hobbygärtner ermöglichen, sofort zu erkennen, ob ein neu im Garten eingetroffener Schneckengast ein Schädling ist. Oder ob es sich um einen Tigerschnegel handelt, der sich als Nützling und Vorteil für den liebevoll gehegten und gepflegten Gemüseanbau erweisen wird

Diese Merkmale sind:

  • Langgestreckter Körper mit heller, meist gräulich bis bräunlicher Färbung
  • Körpergrösse bis zwanzig Zentimeter
  • Markantes Farbmuster in dunkelgrau oder schwarz, meist in Form von Streifen, selten auch als Punkte oder Flecken
  • Klar erkennbarer Kiel auf Schwanzoberseite
  • Auftreten meist als Einzelgänger
  • Geringe Vermehrungsrate

Wegen der Schönheit seiner Zeichnung und seiner Nützlichkeit wurde diese Schnecke bei unseren Nachbarn in Österreich zum Weichtier des Jahres 2018/19 gewählt. Wenn Sie eines dieser Kriechtiere in ihrem Garten sehen, dann dürfen sie es keinesfalls vernichten, sondern sollten sich vielmehr an diesem kleinen Wunder der Natur erfreuen.

gmh
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